Unsere Zunge ist ein wahres Wunderwerk der Natur. Sie besteht aus einem komplexen Zusammenspiel von Muskeln, Nerven und Sinneszellen und erfüllt täglich unzählige Aufgaben – viele davon unbemerkt.
Sie ermöglicht das Sprechen, Kauen, Schlucken, Schmecken und sogar das Atmen. Gleichzeitig spiegelt sie, wie kaum ein anderes Organ, unser körperliches und emotionales Gleichgewicht wider.
Anatomie und Aufbau der Zunge
Die Zunge ist ein einzigartiger Muskel – oder genauer gesagt, ein System aus acht Muskeln, die in verschiedene Richtungen verlaufen. Dadurch kann sie sich in alle erdenklichen Formen bewegen: sie krümmen, strecken, rollen, heben, senken oder flach anlegen.
Was viele nicht wissen: Der sichtbare Teil im Mund ist nur die Spitze des Eisbergs. Der größte Teil des Zungenmuskels liegt verborgen im Mundboden und reicht bis in den Rachenraum hinein. Dort ist er über feine Muskelstränge mit dem Kiefer, dem Zungenbein und sogar mit Nackenstrukturen verbunden.

Zunge: dunkelrot
Das erklärt, warum Fehlhaltungen oder Verspannungen im Körper Auswirkungen auf die Zunge haben können – und umgekehrt. Diese tiefe Verankerung macht die Zunge zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Atmung, Haltung und Sprachmotorik.
Die Zunge und das Unbewusste
Emotionen im Mundraum
Unsere Zunge reagiert auf Gefühle, noch bevor wir es merken.
Bei Stress pressen viele Menschen sie an den Gaumen oder beißen sich leicht darauf.
In Anspannung liegt sie oft starr, bei Unsicherheit wird sie trocken.
Beobachten Sie im Alltag: Wie fühlt sich Ihre Zunge an, wenn Sie gestresst sind?
Ist sie locker, angespannt oder klebt sie am Gaumen?
Diese kleine Selbstbeobachtung ist der erste Schritt zu mehr Bewusstsein im eigenen Körper.
Psychosomatische Verbindungen
Sprache, Emotion und Körperwahrnehmung sind eng verknüpft.
Nicht umsonst sagen wir: „Mir verschlägt’s die Sprache“ oder „Ich beiße mir lieber auf die Zunge.“
Unsere Zunge ist ein emotionales Barometer – sie reagiert auf das, was wir nicht aussprechen.
Die Zunge im Zusammenspiel mit Körper und Geist
Die Zunge arbeitet selten allein. Sie steht in engem Zusammenhang mit Atmung, Körperhaltung und emotionalem Zustand. Wer gestresst ist, beißt sich häufig unbewusst auf die Zunge oder presst sie an den Gaumen. Ebenso beeinflusst eine angespannte Kiefermuskulatur die Beweglichkeit der Zunge und kann Sprach- oder Schluckstörungen begünstigen.
Umgekehrt kann eine bewusste, entspannte Zungenlage das gesamte System beruhigen – die Atmung wird gleichmäßiger, der Körper findet leichter in eine entspannte Haltung zurück.
Eine logopädische Therapie setzt genau hier an: Sie schult die Wahrnehmung, kräftigt geschwächte Bereiche und löst Spannungen – mit dem Ziel, wieder ein natürliches Zusammenspiel der beteiligten Muskeln herzustellen.
Wenn die Zunge aus dem Gleichgewicht gerät
Typische Auffälligkeiten
Eine zu schwache, zu angespannte oder falsch positionierte Zunge kann viele Probleme verursachen:
- Lispeln oder undeutliche Aussprache
 - Fehlstellungen der Zähne
 - Schwierigkeiten beim Schlucken oder Kauen
 - Verspannungen im Gesichts- und Halsbereich
 
Folgen für den Alltag
Diese kleinen Ungleichgewichte können sich unbemerkt auf das Wohlbefinden auswirken – vom unruhigen Schlaf über verspannte Schultern bis hin zu Kopfschmerzen.
Die gute Nachricht: Logopädie kann hier gezielt helfen.
Wahrnehmungsübungen für den Alltag
Schon kleine Übungen im Alltag können helfen, die Zunge zu entspannen und in ihre natürliche Balance zu bringen.
1. Die Zungenruhelage spüren
Legen Sie die Zungenspitze sanft an den oberen Gaumen, direkt hinter die oberen Schneidezähne – nicht dagegen. Die Zähne berühren sich dabei idealerweise nicht (kleiner Abstand, sogenannte Ruheposition). Lassen Sie den Rest der Zunge locker am Gaumen anliegen und atmen Sie ruhig durch die Nase. Beobachten Sie, wie sich Ihr Kiefer und Ihr Gesicht entspannen.
2. Locker bleiben
Achten Sie im Alltag darauf, ob Sie die Zunge anspannen oder pressen. Öffnen Sie in solchen Momenten kurz den Mund, lockern Sie den Kiefer und lassen Sie die Zunge einfach ruhen. Schon wenige bewusste Atemzüge helfen, Spannungen zu lösen.
3. Zungenbalance
Führen Sie die Zungenspitze langsam zu verschiedenen Punkten im Mund – erst nach rechts, dann nach links, nach oben und nach unten. Ziel ist es, die Beweglichkeit und Feinsteuerung zu verbessern. Diese Übung fördert das Körpergefühl und stärkt das Bewusstsein für die eigene Artikulation.
Was die Logopädie für die Zunge tun kann
Zungentraining und Bewusstmachung
In der Therapie lernen Patienten, ihre Zunge gezielt wahrzunehmen und zu trainieren.
Es geht nicht nur darum, „richtig zu sprechen“, sondern ein neues Körpergefühl zu entwickeln.
Übung für zu Hause:
Drücken Sie die Zungenspitze leicht an den Gaumen und halten Sie sie dort, während Sie durch die Nase atmen.
Dann lassen Sie los und spüren Sie den Unterschied. Diese Übung stärkt die Zungenmuskulatur und schult die Wahrnehmung.
Fachübergreifende Zusammenarbeit
Häufig arbeiten Logopäden eng mit Kieferorthopäden, Zahnärzten oder Physiotherapeuten zusammen.
Denn eine gut trainierte Zunge kann Kieferfehlstellungen positiv beeinflussen, die Atmung verbessern und das gesamte Muskelgleichgewicht im Gesicht fördern.
Eine gesunde, bewegliche und entspannte Zunge ist also ein Schlüssel zu mehr Leichtigkeit – beim Sprechen, Atmen und Leben.
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Wir sind für Sie da – und freuen uns, Sie kennenzulernen.



